Der Moment und seine Herkunft
Irgendwo, in einem kleinen Dörfchen in Italien, hat eine ältere Dame welche Brille und Kopftuch trug, ihre Pflanzen und ihr angebautes Gemüse gegossen. Das Wasser, dass auf ihren dreiundzwanzig Stück Tomaten verdunstet ist, stieg in den Himmel empor.
Sechs Tage und dreizehn Stunden sammelte sich das verdunstete Wasser zu einem Tropfen und reiste Siebenhundertzwölf Kilometer, um dann auf meinem mittleren Fenster, 36mm horizontal und 47mm vertikal von der rechten unteren Ecke aus entfernt aufzuschlagen.
In einem Steinbruch in Südungarn drückt ein Bauarbeiter auf einen Knopf einer Maschine, welche dann Gestein abbaute. Ein Steinbrocken, etwa dreihundertneunundachtzig Gramm schwer, welcher seit tausenden von Jahren im Gestein ruhte, wurde vier Tage später zu Sand verarbeitet aus welchem dann ein Kerzenglas wurde.
Dieses Kerzenglas steht samt Kerze auf meinem Wohnzimmertisch. In vierundvierzig Tagen wird im Verlauf der Nacht genau die Sekunde kommen, in der der Kerzendocht erlischt weil das Wachs verbraucht worden ist.
Ein Windrad in Obninsk, circa Hundertsechs Kilometer von Moskau entfernt, macht genau eine vier Grad Drehung, um den Strom zu erzeugen den ich durch meinen Haushalt in dieser Sekunde verbraucht habe.
Alles, ist auf dem Weg nach irgendwohin.
Selbst du.
animus am 07. Dezember 11
|
Permalink
|
5 Kommentare
|
kommentieren
Über Empathie
Letztens habe ich mich gefragt, warum ich es nicht mehr so gut verstehe, wie sich andere Menschen fühlen.
Ich kann mich erinnern, als Kind, konnte ich Menschen ansehen ohne ein Wort mit ihnen zu wechseln, und ich wusste wie sie sich fühlen. Empathie. Jahre später ergeht es mir manchmal sehr schwer damit, die Gefühle eines Menschen zu ergründen.
Vielleicht liegt es daran das ich mittlerweile nicht mehr so recht wissen will was viele Menschen fühlen. Auch hier schlägt wieder mein Desinteresse und meine Apathie zu. Oder es liegt (leider) am natürlichen Verlauf der menschlichen Entwicklung.
Als neugeborener Mensch, als Baby, haben wir keinen Intellekt. Wir äußern uns rein durch Emotionen. Und wir verstehen nur in Gefühlen.
Im Laufe unserer Entwicklung ändert sich das. Desto älter wir werden desto mehr Agieren und Reagieren wir mit Intellekt. Unser 'Ich' gibt sich immer mehr unserem 'erwachsenen Ich' hin. Die sogenannte 'Reife'. Nun ja, ich erachte das als nichts schlechtes, nur trauere ich sehr um den Verlust meines Ursprungs; und ich setze alles daran ihn nicht zu verlieren indem ich ihn vergesse.
Ich kann mich daran erinnern, dass ich mich damals vor Jahren noch mit Leichtigkeit für Computerspiele oder Rollenspiele begeistern konnte. Jetzt rennt meine XBox nur noch selten einige Stunden durch; und würde ich jetzt mit Holzgewehren durch den Wald rennen, wäre ich mein eigener Passant der mich dämlich anglotzt und sich an den Kopf greift.
Mit sechzehn Jahren habe ich mit der Band das Lied "A cruel denial" geschrieben, welches von dem Verlust meiner Fantasie erzählt.
Ich erinnere mich noch ganz genau an den Tag, als ich zu meiner Mutter zurück kam, spielen wollte, und doch mit den Legofiguren nichts mehr anzufangen wusste. Nein, es war mir sogar noch peinlich vor anderen zu spielen.
Aber ich weiß wie es um mich steht.
Und meine Rebellion dagegen, wird von dem Bewusstsein darüber, und meiner Wertschätzung angeführt. Ja, und doch verliere ich meine kindliche Fantasie. Stück für Stück wird sie durch kritischen Verstand ersetzt.
Und jetzt stell ich mir die Frage, wie weit werde ich meine kindliche Fantasie verlieren? Und, - wird sie dann zum Beispiel mit Kunstgemälden, Fantasie, eingepfercht in 90x60, ersetzt?
Aber meine Fantasie und meine Empathie ist ja nicht ganz weg; sie ist ja nicht verschwunden. Sie schläft nur und wartet darauf wieder geweckt zu werden.
So habe ich zum Beispiel als Kind oder Früh-Jugendlicher nicht weinen können. Gar nicht. Und erst durch 'Training' habe ich wieder meinen Status der absoluten Gefühlsfreiheit erlangt. Ich kann wieder weinen; und ich weine auch gern und öfters wenn ich es möchte; weil ich es darf. Und jeder, der dies bei einem Mann kritisiert und verurteilt, offenbart meiner Meinung nach sein Armutszeugnis.
animus am 06. Dezember 11
|
Permalink
|
0 Kommentare
|
kommentieren